Der Kunde ist König, heißt es überall: egal ob in einer Bäckerei, beim Reiseveranstalter oder Investitionsgüterhersteller. Wohl jeder geschäftsfähige Mensch ist tagtäglich Kunde. Wohl jeder Kunde hat sich schon mal als König gefühlt. Aber es auch mal erlebt, dass er wenig „königlich“ behandelt wurde. Letztlich ist es eine unternehmerische Entscheidung, wie auf die Nachfrager nach Produkten und Lösungen des Unternehmens eingegangen wird.
Begriff und Definition
Die Kenntnisse über Kundenerwartungen und die Fähigkeit diese zu erfüllen, gelten als entscheidend für den Unternehmenserfolg im Wettbewerb mit anderen Anbietern. Kundenorientierung ist der Anteil im Marketing und bei den Unternehmensprozessen, der in Interaktion mit dem (potenziellen) Kunden stattfindet. Im Mittelpunkt der Interaktion steht das Abhängigkeitsverhältnis des Anbieters – also dem Unternehmen – vom Nachfrager – also dem Kunden.
Eine andere Definition sagt, dass Kundenorientierung das regelmäßige Erfassen und Analysieren von Kundenwünschen, -bedürfnissen und -erwartungen ist. Kundenorientierung bezeichnet das Sammeln von Informationen von und über den Kunden, die als Basis für ein aktives Kundenbeziehungsmanagement dienen.
Daraus abgeleitet ist Kundenorientierung noch enger definiert als die Ausrichtung aller Aktivitäten eines Unternehmens an den Bedürfnissen und Problemstellungen von Nachfragern.
Der Unternehmensleitung dient die Herausstellung der Kundenorientierung häufig dazu, eigene Mitarbeiter und Lieferanten zu motivieren sowie Interessenten von den angebotenen Leistungen zu überzeugen. Denn die Orientierung an den Erwartungen und Wünschen eines Kunden ist dem ökonomischen Austausch von Waren und Dienstleistungen inhärent: Unternehmerisches Handeln ohne Kunden und Kundenorientierung gibt es nicht und gilt, da ohne Gewinnerzielungsabsicht, als Liebhaberei.
Synonyme für Kundenorientierung
Kundenorientierung als Disziplin betrifft das ganze Unternehmen. Da die Beziehung zum Kunden in erster Linie in der Verantwortung von Marketing und Vertrieb liegen, sind diese Unternehmensbereiche besonders betroffen.
Da Kundenorientierung, wie aufgezeigt, Teil jeden unternehmerischen Handelns ist, gilt es seit langem als wichtiges, vielbeachtetes Thema. Viele Wissenschaftler und Praktiker entwickeln immer wieder neue Konzepte und Ideen mit Begriffen, die sich „im Umfeld“ des Themas Kundenorientierung etablieren. Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick auf einige Begriffe, die im Zusammenhang mit Kundenorientierung stehen.
Abb. 1: Kundenorientierung und angrenzende Begriffe
Kundenerwartung
Häufig wird das Erfüllen von Kundenerwartungen oder Kundenwünschen mit Kundenorientierung gleichgesetzt. Überspitzt lässt sich sagen, dass es der Kundenwunsch sein dürfte, ein maximales Angebot zu einem minimalen Preis, also im besten Fall kostenlos, zu bekommen. Eine Kundenerwartung dürfte realistischer sein: Rational denkenden und verständigen Menschen wird klar sein, dass jeder Leistung im Austausch auch eine Gegenleistung – im Normalfall eine Geldleistung – gegenübersteht. Erwartet wird aber mehr Leistung gegen mehr Geld. Kommt es hier zu einem Missverhältnis, wenn also diese Kundenerwartung nicht erfüllt wird, spricht man häufig auch von mangelnder Kundenorientierung.
Kundenzentrierung
Wenn es darum geht, die Wichtigkeit der Kundenorientierung hervorzuheben, wird aktuell gerne der Begriff Kundenzentrierung verwendet. Das Wort Zentrierung betont den Aspekt, dass in der heutigen Zeit wirklich alle Elemente eines Unternehmens auf den Kunden ausgerichtet werden müssen, wenn man den Kunden ernst nimmt. Bildlich kann man sich die Elemente eines Unternehmens als die Kraftpfeile eines Magnetfelds vorstellen, die sich auf den „Magnet Kunden“ ausrichten; der Kunde bestimmt die Richtung.
Den Kunden „ernst zu nehmen“ genügt ohnehin kaum noch dem Zeitgeist. Heute wird erwartet, dass man den Kunden „liebt“: Entsprechend häufig findet sich dieses Bekenntnis in Slogans oder Claims zahlreicher Unternehmen. Diese radikale Auslegung der Kundenorientierung erinnert an den Ansatz der Selbstlosigkeit, den man übrigens schon bei Kundenorientierungs-Vordenkern wie Edward K. Geffroy schon seit über 20 Jahren findet: „Clienting (Kundenorientierung) unterstellt, dass eine in gewissem Grad selbstlos handelnde Firma (Egoless Corporation) bessere Marktchancen erzielt als eine ausschließlich nach Profit strebende Firma. Clienting stellt den Kunden als Menschen und die Steigerung des Erfolges in den Vordergrund und nicht den Markt.“ [1]
Kundenzufriedenheit
Der Terminus der Kundenzufriedenheit hingegen beschränkt sich auf die Frage, wie zufrieden der Kunde mit einem Unternehmen und seine Leistungen ist. Begreift man die Tragweite und Konsequenz der Kundenorientierung, wie sie hier dargestellt ist, wird schnell klar, dass die Kundenzufriedenheit nur einen kleinen Teil von Kundenorientierung beansprucht.
Customer Journey
Der Aspekt der Customer Journey betont die durchgängige Kundenorientierung in allen Phasen von der Informationsphase über den Onboarding-Prozess bis zum Geschäftsabschluss. Es wurde erkannt: Muss ein Kunde an einer Stelle der Customer Journey warten oder gar abbrechen (etwa um einen Kreditvertrag unterschreiben zu können), so ist Kundenorientierung in der konsequenten Auslegung unserer Zeit nicht gegeben. Daher sollte der Kunde gleich am Anfang durch einen lückenlosen Onboarding-Prozess empfangen werden, welcher ihm die Customer Journey von Anfang an erleichtert und alle Störfaktoren auf seinem Weg entfernt. Der Prozess des Client Onboarding holt den Kunden genau da ab und transformiert ihn letztendlich zu einem zufriedenen Kunden. Passiert die nicht, bestragt der Kunde diese Vorfälle sofort und er hat starke „Waffen“: Die Computer-Maus oder seinen Touchscreen-Finger. Die Konkurrenz ist nur einen Klick entfernt.
Damit wird auch klar: Der Begriff der Customer Journey bildete sich vor allem im Internetzeitalter heraus und erlangte seinen hohen Stellenwert vorerst in der Welt von Online-Shops und Online Marketing Agenturen. Als schließlich die Digitalisierung nach und nach alle Unternehmen erfasst hat und Themen wie Multi-Channel und Omni-Channel an Bedeutung gewannen, gelangte die Thematik in das kollektive Bewusstsein aller, die sich mit Kundenorientierung beschäftigen: Der Aspekt der Customer Journey lenkt die Aufmerksamkeit auf eben jene Kunst, den Kunden über alle Kanäle und Medien hinweg durchgängige Kundenorientierung zu bieten.
Customer Experience
Customer Experience setzt auf dem Konzept der Customer Journey auf, also auf der Durchgängigkeit des Prozesses, welcher an allen Customer Touchpoints schon einmal einfach, schnell und medienbruchfrei beschaffen sein muss. Aber auch das ist nur die Pflicht – die Kür ist, diese Customer Journey mit einer zu der Marke des Unternehmens passenden, unverkennbaren Erfahrung zu verbinden. Darum geht es beim Konzept der Customer Experience: Betont wird die ganzheitliche Erfahrung, die ein Kunde während der Customer Journey geboten bekommt. Kein bedeutendes Unternehmen verkauft heute nur Produkte – verkauft werden auch Emotionen. Somit hat Customer Experience – wie schon der Name sagt – Erlebnischarakter. Im Vergleich zu Customer Journey steht hier die emotionale Komponente im Vordergrund.
Customer Relationship Management
Customer Relationship Management (CRM) betont den softwaregestützten Prozess des Beziehungsmanagements. Ganze Softwarefirmen und Beratungshäuser sind mit diesem Konzept und den dazugehörigen CRM-Systemen groß geworden. CRM war etwa ab 1998 bis in die jüngste Zeit das überragende Managementkonzept. Erstmals bekam die IT einen wichtigen Stellenwert im Rahmen der Kundenorientierung. Auf einmal war es möglich, die Kunden besser zu erfassen, zu individualisieren, um bei der Angebotserstellung besser auf sie eingehen zu können. Die Kehrseite der Medaille ist auch bekannt: CRM ist zugleich die Ursache dafür, dass Kundenorientierung in der Praxis häufig sehr mangelhaft gelebt wurde. Kundenorientierung hat sich im CRM-System regelrecht versteckt, ja sie war darin regelrecht oft gefangen Der Kunde wurde nur noch verwaltet und zwar so, wie es das jeweilige CRM-System vorgesehen bzw. ermöglicht hat. In den Unternehmen war man bis zur letzten Renaissance-Welle der Kundenorientierung, die in den letzten Jahren eingesetzt hat, derart mit der Weiterentwicklung der IT beschäftigt, dass man denjenigen vergessen hat, um den es eigentlich geht und weshalb das CRM erfunden wurde: Den Kunden.
Customer Value
Die Idee des Customer Value oder Kundenwertes kommt aus dem Controlling. Dafür wird der Deckungsbeitrag eines Kunden über den Zeitraum der Kundenbeziehung aufsummiert. Die Idee ist, dass zu Beginn der Kundenbeziehung durch Marketing und Service in den einzelnen Kunden investiert werden muss, so dass der Kundendeckungsbeitrag negativ sein kann, wenn vom Preis für ein Produkt neben den Produkterstellungskosten noch die Aufwände für die Anbahnung der Kundenbeziehung abgezogen werden. Erst im Laufe der Kundenbeziehung wird nach wiederholten Käufen des gleichen Kunden dessen Kundendeckungsbeitrag positiv. Aus dieser Rechnung stammt auch die Erkenntnis, dass es häufig teurer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen bestehenden zu halten.
Mitunter wird der Customer Value auch qualitativ bestimmt, etwa wenn Referenzkunden einen besonderen Service bekommen.