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28.02.2012

Automarkt

Deutsche in den USA, Chinesen in Europa

Vom europäischen Markt erwarten sich die Autobauer aufgrund der Schuldenkrise derzeit wenig. Einzig Deutschland wird voraussichtlich zu einer Stabilisierung des Geschäfts beitragen. Weil China nicht mehr wächst wie früher, orientieren sich deutsche Hersteller wieder verstärkt in Richtung USA, den immer noch größten Markt der Welt. Sie wollen den dortigen Platzhirschen das Revier mehr als bisher streitig machen. In der Zwischenzeit erproben die Chinesen den europäischen Markt. Wieder einmal. Ob sie damit endlich Erfolg haben, wird sich zeigen.

Insgesamt könnte die Rechnung für alle irgendwie aufgehen, denn der VDA glaubt, dass der Weltautomobilmarkt 2012 um vier Prozent auf rund 68 Millionen Pkw wachsen wird. Indien legt derzeit ebenso stark zu wie Japan, Russland, Brasilien und der amerikanische Markt für Pkw und Light Trucks, der im Januar bereits ein Plus von 11 Prozent verbuchen konnte. Auch die Deutschen dürften vom US-Boom profitieren, glaubt VDA-Präsident Matthias Wissmann: „Bereits im vergangenen Jahr haben die deutschen Hersteller auf dem US-Markt die 1-Million-Marke beim Absatz geknackt.“

Der Boom wird wohl das gesamte Jahr 2012 anhalten. Dazu tragen die starken deutschen Marken ebenso bei wie das gestiegene Bewusstsein der Amerikaner für Kraftstoffeffizienz. Und nicht nur der Amerikaner, glaubt Wissmann, der die neuen spritsparenden Modelle auf allen wichtigen Märkten gut positioniert sieht: „Seit zweieinhalb Jahren nehmen die Bestellungen ausländischer Kunden stetig zu.“ Dies sei jetzt angesichts der Schuldenkrise in einigen europäischen Ländern sicherlich von Vorteil
 

China wagt Neustart im Osten

Gerade in Südeuropa hat sich die Lage zuletzt dramatisch verschlechtert: Laut des europäischen Autoherstellerverbands ACEA wurden in Portugal und Griechenland 2011 fast ein Drittel weniger Fahrzeuge neu zugelassen, auch in Italien und Spanien ist das Minus zweistellig. Positiv entwickeln sich dagegen die neuen EU-Märkte. So legte der Pkw-Markt in Ungarn zu Jahresbeginn um 44 Prozent zu, in Polen um 22 Prozent und in Tschechien um 11 Prozent.

Im Osten versuchen die Chinesen wieder einmal ihr Glück in Europa. So eröffnete Great Wall jüngst im Niedriglohnland Bulgarien die erste chinesische Autofabrik auf europäischem Boden. Die Teile der dort montierten Geländewagen stammen aus China. Verkauft werden soll zunächst in Bulgarien und danach in den Nachbarländern.

Auch Chinas Marktführer Cherry Quantum setzt auf Europa: Er baut mit finanzieller Unterstützung der Israel Corporation die internationale Marke Qoros auf. Die Autos werden in China produziert, dank des technischen Know-hows von Magna Steyr im österreichischen Graz aber nach europäischen Standards. Noch erwächst deutschen Autobauern daraus keine ernstzunehmende Konkurrenz. Doch das könnte sich ändern. Great Wall ist jedenfalls überzeugt, dass seine Geländewagen bereits in drei bis fünf Jahren auf allen europäischen Straßen fahren werden. Bis dahin müssen sich die Chinesen sicherlich auch eine oder mehrere Autobanken an die Seite holen. Wer also auf Dauer innerhalb oder außerhalb Europas mitmischen will, ob als Hersteller oder Finanzierer, muss mehr denn je Strukturen, Prozesse und IT international ausrichten.